Rückforderung wegen Verarmung

Rückforderung wegen Verarmung unzumutbar (2019/05)

Der Sozialhilfeträger kann eine Schenkung des elternunterhaltspflichtigen Kindes an sein eigenes Kind nur dann gemäß § 528 Abs. 1 BGB zurückfordern, wenn hierdurch die Leistungsfähigkeit des elternunterhaltspflichtigen Kindes erhöht wird.

Dies hat der BGH mit Beschluss vom 20.03.2019 (Az. XII ZB 365/18) in folgendem Fall entschieden: Der Sozialhilfeträger hatte gegen das Kind eines pflege- und sozialhilfebedürftigen Heimbewohners einen Anspruch auf Zahlung von Elternunterhalt aus übergeleitetem Recht geltend gemacht. Das elternunterhaltspflichtige Kind bewohnte zu der Zeit mit seinem Ehegatten eine Wohnung, die beide zusammen vorher im Wege der Schenkung auf die Tochter, also auf die Enkeltochter des Heimbewohners, übertragen hatten. Allerdings unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts. Sozialhilfeträger und Kind stritten nun um die Frage, ob die Schenkung von der Enkeltochter des Heimbewohners zurückzufordern sei.

Tatsächlich, so der BGH, gehöre ein Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 BGB grds. zum einsetzbaren Vermögen des elternunterhaltspflichtigen Kindes. Voraussetzung für den Rückforderungsanspruch sei, dass das Kind nach der Schenkung nicht mehr seinen eigenen angemessenen Unterhalt bestreiten und / oder nicht mehr der gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten nachkommen könne. Sinn und Zweck der Norm sei es, durch die Rückgewähr des verschenkten Gegenstands die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit (wieder-)herzustellen oder zu steigern.

Dies könne vorliegend nicht gelingen. Weder habe die Schenkung der Wohnung (bzw. des Miteigentumsanteils daran) zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des elternunterhaltspflichtigen Kindes geführt, noch bringe die Rückforderung wirtschaftlich etwas. Das Nießbrauchsrecht, das sich das Kind an der Wohnung vorbehalten habe, sei ihm einkommenserhöhend als Wohnvorteil angerechnet worden wie bei einem „normalen“ Eigentümer. Und selbst wenn die gesamte Wohnung von der Enkeltochter an ihre Eltern zurückgegeben werde, führe dies nicht zu einer Erhöhung deren Leistungsfähigkeit. Das Kind würde zusammen mit seinem Ehegatten die Wohnung wie bisher nutzen und wäre insofern nicht gezwungen, die Immobilie, jetzt Schonvermögen, zu verwerten. Vor diesem Hintergrund sei die Rückforderung wegen sog. Verarmung des Schenkers gem. § 528 Abs. 1 BGB unzumutbar.

Dr. Carola Einhaus, Rechtsanwältin