Erbrecht des Ehegatten (2018/11)
Hatte der Erblasser eigene Kinder, beträgt die Erbquote des Ehegatten bei gesetzlicher Erbfolge ¼. Hatte er keine, erbt der überlebender Partner neben den Eltern und Geschwistern des Verstorbenen zu ½.
Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, was immer dann der Fall ist, wenn kein Ehevertrag geschlossen wurde, erhöht sich die Erbquote des Überlebenden pauschal um ¼ (erbrechtliche Lösung). Auf diese Weise vollzieht das Gesetz den Zugewinnausgleich unabhängig von den konkreten Vermögens- und Einkommensverhältnissen während der Ehe. Dadurch sollen Streitigkeiten zwischen den Angehörigen über die Höhe des tatsächlichen Zugewinns vermieden werden.
Oben erwähnter pauschalierter Zugewinnausgleich findet nicht statt, wenn der überlebende Ehegatte enterbt und ihm auch kein Vermächtnis zugewandt wurde oder wenn er sein Erbe ausschlägt. In diesem Fall steht ihm der Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils zu. Daneben kann er jedoch den Ausgleich des tatsächlich erzielten Zugewinns verlangen, wie er auch im Fall der Scheidung berechnet würde (güterrechtliche Lösung).
Die Herbeiführung der güterrechtlichen Lösung durch Ausschlagung des Erbes sollten insbesondere Frauen in Betracht ziehen, die in der Ehe wegen Haushaltsführung und Kinderbetreuung keine Einkünfte erzielt haben. Denn wenn der Ehemann im Zeitpunkt der Eheschließung kein eigenes Vermögen hatte und während der Ehe keine großen Geschenke dazugekommen sind, erhielte die „Hausfrau“ bereits aufgrund des Zugewinnausgleichs die Hälfte des Nachlasses. Hinzu käme der Pflichtteil, der neben Kindern 1/8 betrüge; insgesamt nach der güterrechtlichen Lösung 56,25 % des Nachlasses, nach der erbrechtlichen Lösung hingegen nur 50%.
Obige Überlegungen sind jedoch hinfällig, wenn der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes bereits einen begründeten Scheidungsantrag gestellt oder demjenigen des überlebenden Ehegatten zugestimmt hatte. Dann verliert der überlebende Ehegatte nicht nur sein gesetzliches Erbrecht, sondern auch seinen Anspruch auf den Pflichtteil.
Rechtsanwältin Dr. Carola Einhaus, Düsseldorf
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